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Max von Sachsen

Am 17. November 1870 wird Prinz Max von Sachsen in Dresden als dritter Sohn des Prinzen Georg, Herzogs zu Sachsen (seit 1902 König von Sachsen, † 1904), und seiner Ehefrau Maria Anna, geborene Infantin von Portugal († 1884), geboren. Kindheit und Jugend verbringt er in den Famlienschlössern zu Dresden und Hosterwitz, wo er auch seine schulische Bildung erhält. Nach dem Abitur leistet er 1888/89 als Sekondelieutenant den Militärdienst im 2. Grenadierregiment Nr. 101 ab. Danach studiert er Rechtswissenschaften, Geschichte und Nationalökonomie in Freiburg im Breisgau und Leipzig und wird 1892 an letzterer Universität zum Doktor beider Rechte promoviert. Anschließend tritt er – nach einem kurzen Dienst in der Dresdener Militärreitanstalt und als Premierlieutenant im Königlich Sächsischen 1. Ulanenregiment Nr. 18 – ins Bischöfliche Priesterseminar von Eichstätt ein und studiert dort am Bischöflichen Lyzeum von 1893 bis 1896 Philosophie und Theologie. Am 26. Juli 1896 weiht ihn der Apostolische Administrator von Sachsen, Bischof Dr. Ludwig Wahl, in der Eichstätter Schutzengelkirche zum Priester. Fortan sind alle Stationen seines Lebens stets in Wort und Tat von intensivem seelsorgerischem Einsatz geprägt.

Nach kurzer Tätigkeit als Seelsorger im Londoner Stadtteil Whitechapel und in Eichstätt als Kaplan von St. Walburg wird er nach einem mehrmonatigen Aufenthalt im Herbst 1898 an der Universität Würzburg zum Doktor der Theologie promoviert. 1898 bis 1900 folgen Kaplansjahre an der Nürnberger Frauenkirche mit pastoralem Schwerpunkt im Filialbezirk St. Joseph und mit Religionsunterricht am Institut der Englischen Fräulein. Prinz Max lebt hier sehr bescheiden, lässt die Zuwendungen des sächsischen Königshauses häufig den Armen zukommen, wird aber trotzdem wiederholt von der linken „Fränkischen Tagespost“ angegriffen. In dieser Zeit verfasst er eine apologetische Schrift, in der er Robert Grassmanns Polemik gegen die Moraltheologie des Alphons von Ligouri schlüssig zurückweist.

Im Jahr 1900 wird der Prinz an die von den Dominikanern getragene Theologische Fakultät der Schweizer Universität Freiburg im Uechtland zum außerordentlichen Professor für Liturgik berufen, doziert nur im ersten Semester zusätzlich eine Stunde im Kirchenrecht und wird nach einigen Jahren Ordinarius für Liturgik. Seit 1902 beschäftigt er sich in Forschung und Lehre intensiv mit den Liturgien der orthodoxen und altorientalischen Kirchen, erlernt entsprechende Sprachen wie Syrisch, Armenisch, Kirchenslavisch und Russisch und unternimmt bis 1909 ausgedehnte Forschungsreisen, die ihn unter anderem nach Palästina, Syrien, Ägypten, Galizien, Rumänien, Bulgarien, Russland, Georgien, Armenien, Südungarn, Dalmatien, Montenegro, Griechenland, Konstantinopel, in die Westtürkei und zum Berg Athos führen. Mit einem im November 1910 in der Zeitschrift „Roma e l’Oriente“ erschienenen Aufsatz über die Vereinigung der Kirchen (in dem er ein halbes Jahrhundert vor dem Zweiten Vaticanum die Überzeugung äußert, dass die orientalische Kirche und die lateinische Kirche „durchaus im Verhältnis von Schwestern zueinander“ stehen), zieht er sich allerdings die Verurteilung der Kurie zu und muss – aufgrund der Intervention der Dominikaner – auf Weisung Papst Pius’ X. die Universität Freiburg nach dem Wintersemester 1911/12 verlassen. Daraufhin übernimmt er im Frühjahr 1912 am Kölner Priesterseminar bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs eine Professur für das Fach „Erklärung der Psalmen zum liturgischen Gebrauch“. Darüber hinaus hält er auf Wunsch des griechisch-katholischen Metropoliten der Ukraine Andrej Graf Šeptyckyj von 1910 bis 1914 jährlich mehrere Wochen lang Vorlesungen über die orientalischen Liturgien am Lemberger Generalseminar der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche und bietet den Seminaristen außerdem geistliche Vorträge.

Im Ersten Weltkrieg wird der Prinz gleich zu Beginn als Feld- und Lazarettgeistlicher an der belgischen Westfront eingesetzt. Seine tiefe Erschütterung über die deutschen Kriegsverbrechen an der belgischen Zivilbevölkerung teilt er Anfang 1915 dem in Zürich lebenden Msgr. Paul de Mathies in einem Brief mit, dessen Inhalt – trotz des Schweigegebotes des Prinzen – in die Öffentlichkeit gelangt und als Äußerung eines deutschen Priesters sehr hoher Herkunft in den renommiertesten Blättern des feindlichen Auslands veröffentlicht wird. Als dies in Deutschland bekannt wird, stellt ihn der sächsische König, sein eigener Bruder, 1916 auf Antrag des sächsischen Oberlandesgerichts in Schloss Wermsdorf unter Hausarrest und lässt fortan seinen persönlichen Umgang und seine Post überwachen. Dennoch bleibt Prinz Max seiner Familie zeit seines Lebens eng verbunden. Damals soll er sich beim Österreichischen Kaiser für die im Osmanischen Reich blutig verfolgten Armenier eingesetzt haben.

Nach dem Krieg und dem Untergang der Monarchie hält sich Prinz Max mit den Mitgliedern der königlichen Familie kurz in dem zum königlichen Privatbesitz gehörigen Schloss Sibyllenort in Schlesien auf, begibt sich aber schon 1919 nach Bayern, um hier Studien zu betreiben und von der Münchener Benediktinerabtei St. Bonifaz aus seelsorgerliche Aushilfen zu übernehmen. Ab 1921 lehrt er wieder in Freiburg, nun an der Philosophischen Fakultät als Professor für „Literaturen und Kulturen des Ostens“. Im gleichen Jahr wird er anlässlich seines 25jährigen Priesterjubiläums – wohl mit der Absicht einer kirchlichen Rehabilitation – zum Päpstlichen Hausprälaten ernannt, was er allerdings ablehnt. 1941 emeritiert, lehrt er weiterhin an der Universität Freiburg, nun als Honorarprofessor.

Schon im Wintersemester 1898/99 wird Prinz Max im KV Ehrenmitglied des Katholischen Studentenvereins Walhalla-Würzburg und um 1929 folgt in Freiburg eine weitere Ehrenmitgliedschaft in der KV-Verbindung Germania-Helvetia. Unter seinem Protektorat entsteht schon 1906 in Freiburg die Deutsche katholische Studentenverbindung Markomannia, die 1912 als „Deutscher wissenschaftlicher katholischer Studentenverein Unitas Markomannia“ in den Unitas-Verband (UV) aufgenommen wird. Bereits in seinem ersten Freiburger Jahrzehnt enthält sich der Prinz des Alkohols, seit 1913 ernährt er sich vegetarisch und 1921 schließt er sich dem „Bund deutscher Tabakgegner“ an. Unter dem verheerenden Eindruck des Ersten Weltkriegs setzt er sich seit 1921 durch engagierte Vereins- und Vortragstätigkeit, durch zahlreiche Publikationen, aber auch in seiner Lebensführung für Lebensreform, Tierschutz und Frieden ein. Ebenso weist er zwischen 1925 und 1933 in Publikationen, aber auch in einem Vortrag den Antisemitismus klar zurück. Wegen seines Aussehens und seines aus asketisch-spirituellen Gründen schäbigen Talars gilt er im Alter als eine der markantesten Persönlichkeiten Freiburgs.

Nach kurzer Krankheit stirbt Max von Sachsen am 12. Januar 1951 in der Freiburger St. Anna-Klinik und wird am 15. Januar unter großer Anteilnahme der Bevölkerung, seiner Verwandtschaft, hochrangiger kirchlicher, staatlicher und universitärer Trauergäste sowie einiger Abordnungen von Klöstern, religiösen Gesellschaften und akademischen Verbindungen zu Grabe getragen und in Bürglen auf dem Friedhof der Kanisiusschwestern, deren Hausgeistlicher er war, bestattet.

Unübertrefflich resümiert Iso Baumer wesentliche Züge seiner Persönlichkeit: „Von ethischen Idealen tief durchdrungen und von grenzenloser Liebe zu den Menschen und aller Kreatur erfüllt, war [Prinz] M[ax] in erster Linie Seelsorger. Er war weder spekulativer Theologe noch kritischer Historiker: die methodische Seite wissenschaftlicher Arbeit war ihm wenig vertraut. Sein phänomenales Wissen und seine in die Zukunft weisenden Ideen vermochte er in Vorlesungen und Veröffentlichungen nur unzureichend zu gliedern und zu formulieren. M[ax] verausgabte sich – körperlich und finanziell – für die Bedürftigen und Hilfesuchenden und für seine Ziele: Einheit der Kirchen, Lebensreform, Frieden. Mit besonderer Vorliebe wandte er sich randständigen Menschen zu: so betreute er in Freiburg jahrzehntelang die Gefängnisinsassen, hielt regelmäßig Fasten- und Marien-Predigten und wirkte segensreich im Beichtstuhl. Seiner Familie und der weitläufigen Verwandtschaft blieb er zeit seines Lebens innig zugetan. Durch seine Verwurzelung im ostkirchlichen Frömmigkeitsideal des „Narren in Christo“ wirkte er weltfremd. Schalkhaft und störrisch, gelehrt und schlicht, hoheitsvoll und demütig, paßte er in kein konventionelles Schema“ (Iso Baumer, Max Prinz von Sachsen. Ostkirchenforscher, in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), 514).

2006 widmete die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt dem Prinzen Max im Bischöflichen Priesterseminar Eichstätt eine Ausstellung. Eine weitere Ausstellung folgte 2014 in der Staats- und Seminarbibliothek Eichstätt unter dem Titel „Prinz Max von Sachsen 1870-1951. Königssohn, Feldgeistlicher und Pazifist im Ersten Weltkrieg“. Sein Nachlass wird im Eichstätter Universitätsarchiv verwahrt.

Johannes Hofmann

Schriftenverzeichnis und Literatur

Predigt von Johannes Hofmann über Max von Sachsen