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Konrad Graf von Preysing Bischof von Berlin

Der Auftakt der Berliner Amtszeit Preysings war widersprüchlich. An der Begrüßungsfeier für den neuen Bischof am 8. September 1935 im Berliner Sportpalast nahmen über 15 000 Gläubige teil. Es war die letzte offizielle Großkundgebung des katholischen Berlin unter der nationalsozialistischen Herrschaft. Beim Antrittsbesuch Preysings in der Reichskanzlei (23. Oktober 1935) entging Hitler nicht, dass seine in Monologform vorgetragene Klage über das gespannte Verhältnis zwischen katholischer Kirche und Nationalsozialismus seinen Gast unbeeindruckt ließ. Auf welchem Terrain sich Preysing fortan bewegte, zeigte im Oktober 1935 die Verhaftung des Meißener Bischofs Petrus Legge (†1951), dem die Verwicklung in Devisenvergehen vorgeworfen wurde. Preysing sagte bei dem Prozess gegen Legge vor dem Berliner Landgericht als sachverständiger Zeuge über die Amtspflichten eines Bischofs aus, konnte durch seine Aussage aber die Verurteilung des Bischofs zu einer hohen Geldstrafe wegen „fahrlässiger Devisenschiebung“ nicht verhindern. Das Amt eines Apostolischen Administrators für das Bistum Meißen, das ihm der Hl. Stuhl im Oktober 1935 zusätzlich zu seinem Berliner Amt übertragen hatte, musste Preysing allerdings länger als vorgesehen ausüben, da Legge erst im März 1937 nach Meißen zurückkehrte.

Konflikt mit Kardinal Bertram – Für Preysing ist im Kirchenkampf die Enzyklika „Mit brennender Sorge“ vom 14. März 1937 bestimmend geworden. In der Enzyklika protestierte Pius XI. vor der Weltöffentlichkeit gegen die Verletzung kirchlicher Rechte im Dritten Reich, unterstrich die Unvereinbarkeit von NS-Ideologie und christlichem Glauben und warnte davor, „gottgegebene Rechte“ preiszugeben, die der „Mensch als Persönlichkeit besitzt“. Preysing verlas am 21. März 1937 wesentliche Teile der Enzyklika in der St.-Hedwigs-Kathedrale selbst; zuvor hatte er Anweisungen für den Fall seiner Verhaftung gegeben. Dass der Vorsitzende der Fuldaer Bischofskonferenz, der Breslauer Kardinal Adolf Bertram (†1945), den von der Enzyklika gewiesenen Weg nicht mitging, führte zum Konflikt und später zum Zerwürfnis mit Preysing. Während Bertram eine offene Auseinandersetzung mit dem Regime kategorisch ausschloss und den Schriftverkehr mit den Ministerien wählte, um seine Gravamina vorzutragen („Eingabenpolitik“), plädierte Preysing im Oktober 1937 – unterstützt von seinem kirchenpolitischen Referenten Walter Adolph (†1975) – für eine offensive Strategie, die das Regime durch den Gang an die Öffentlichkeit zum Einlenken zu zwingen versuchte. Solange die Regierung keinen „Waffenstillstand“ gewähre, seien Verhandlungen mit ihr sinnlos. Diese Strategie scheiterte am Widerstand Bertrams. Die zunehmende Aggressivität des Parteistaates und die Verfestigung seiner Machtstrukturen zwangen Preysing jedoch später zu der Einsicht, dass der kirchenpolitische Spielraum für den Episkopat von Jahr zu Jahr geringer wurde. Die „Treue der Katholiken“ sei die „letzte und einzige Hoffnung“ des Episkopats, schrieb er im April 1939 an den neu gewählten Papst Pius XII. Rein politische Erklärungen, die das Regime von den Bischöfen aus propagandistischen Gründen erwartete, waren Preysing suspekt. Er selbst hat in diesem Zusammenhang leidenschaftlich das Recht zu schweigen in Anspruch genommen. Während des Krieges verzichtete der Bischof auf jedes Wort, das als Zustimmung zur Kriegspolitik Hitlers gedeutet werden konnte. Sein Hirtenwort zum Kriegsausbruch hatte rein pastoralen Charakter, in den Jahren der deutschen Siege wurde in keiner Kirche des Bistums Berlin ein offizielles Dankgebet verrichtet.

Briefwechsel mit Pius XII. – Im Kirchenkampf hielt Preysing eine enge Bindung der Bischöfe an den Hl. Stuhl für überlebenswichtig. Da ihm die Berichterstattung des Berliner Nuntius Cesare Orsenigo (†1946) unzureichend erschien, berichtete er selbst verstärkt nach Rom. Preysing kam dabei die Nähe zu dem als sicher geltenden Kurierweg zwischen der Berliner Nuntiatur und dem Vatikan zustatten. Während des Krieges war er der mit Abstand bevorzugte Ansprechpartner Pius’ XII. innerhalb des deutschen Episkopats, wie die 18 Briefe zeigen, die der Papst zwischen April 1939 und März 1944 an ihn richtete. Pius XII. hob die Sicherheit seines Urteils hervor, begrüßte den Freimut, mit dem sich Preysing ihm gegenüber äußerte, und machte sich die Beurteilung der innerdeutschen Lage durch den Berliner Oberhirten „weitgehend zu eigen“ (Schneider XXXII). Der Papst unterstützte die Auffassung Preysings, dass es Aufgabe des Episkopats sei, „fest und entschieden Glaube und kirchliche Rechte [zu] verteidigen“ und mutig für „Recht und Menschlichkeit“ einzutreten. Als Kardinal Bertram ohne Absprache mit dem Episkopat Hitler 1940 namens aller Bischöfe zum Geburtstag gratulierte, legte Preysing aus Protest gegen das eigenmächtige Vorgehen des Konferenzvorsitzenden das Amt des Pressereferenten der Bischofskonferenz nieder. Vom Verzicht auf den bischöflichen Stuhl von Berlin hielt ihn nur die Bitte des Papstes ab. Pius XII., der Bertrams Führungsstil kritisch gegenüber stand, nahm in der Kontroverse zugunsten Preysings Stellung, entschied den Konflikt aber nicht autoritativ, um die Einheit der Bischofskonferenz nicht zu gefährden. Im Episkopat fand Preysing vor allem durch Clemens August von Galen (†1946), den Bischof von Münster, Unterstützung. Beide sprachen sich in kirchenpolitischen Fragen ab, was Differenzen in einzelnen Punkten nicht ausschloss.

Hirtenwort über das Recht (1942) – Preysing sah im Nationalsozialismus eine nihilistische Ideologie, die durch die Negierung des Gottesbezugs des Menschen den Menschen selbst, seine Würde, seine Freiheit und seine Rechte bedrohte. Er hielt es für seine Pflicht als Bischof, nicht nur die Rechte der Kirche, sondern die Rechte aller Menschen zu verteidigen. „Wer immer Menschenantlitz trägt, hat Rechte, die ihm keine irdische Gewalt nehmen darf“, hieß in seinem „Hirtenwort über das Recht“ vom 13. Dezember 1942, das auch in der Kölner Kirchenprovinz verlesen wurde. Der Bischof sprach die Judenverfolgung unmissverständlich an, verurteilte sie als zutiefst unsittlich und warnte vor den Folgen solchen Unrechts: „All die Urrechte, die der Mensch hat, das Recht auf Leben, auf Unversehrtheit, auf Freiheit, auf Eigentum, auf eine Ehe, deren Bestand nicht von staatlicher Willkür abhängt, können und dürfen auch dem nicht abgesprochen werden, der nicht unseres Blutes ist oder nicht unsere Sprache spricht … Wir müssen uns klar darüber bleiben, dass ein Versagen solcher Rechte oder gar ein grausames Vorgehen gegen unsere Mitmenschen ein Unrecht am fremden, aber auch am eigenen Volke ist. Wenn einmal, so gilt hier der Satz: ,Das eben ist der Fluch der bösen Tat, dass sie fortzeugend Böses muss gebären.‘“ Der Einsatz Preysings für die Menschenrechte blieb im Ausland nicht unbeachtet. So wurde sein Hirtenwort über das Recht im amerikanischen Kongress vorgetragen. Auf die Nachricht, dass auch die BBC das Hirtenwort verlesen habe, reagierte der Bischof mit der Bemerkung: „Um so höher wird einst mein Galgen stehen!“ (Schwerdtfeger 104) Wenn der Bischof predigte, war die St.-Hedwigs-Kathedrale überfüllt, zu den Hörern Preysings gehörten auffallend viele Mitglieder des Offizierskorps.

Hilfe für die Verfolgten des NS-Regimes – Bei seiner Hilfe für die Opfer des Nationalsozialismus unterschied Preysing nicht zwischen Katholiken oder Juden, Deutschen oder Ausländern. Um die Not der sog. katholischen „Nichtarier“ zu lindern, unterstützte er die Gründung des „Hilfswerks beim Bischöflichen Ordinariat Berlin“. Das im August 1938 errichtete Hilfswerk stand unter der Leitung des Berliner Dompropstes Bernhard Lichtenberg (†1943), der mit Billigung Preysings in der St.-Hedwigs-Kathedrale offen für die verfolgten Juden eintrat. Nach der Verhaftung Lichtenbergs am 23. Oktober 1941 trat Preysing selbst an die Spitze des Hilfswerks. Er besuchte Lichtenberg mehrere Male im Gefängnis und übermittelte ihm die Worte, mit denen Pius XII. das Eintreten des Dompropstes für die Juden würdigte. Margarete Sommer (†1965), seit September 1941 Geschäftsführerin des Hilfswerks, charakterisierte den Einsatz Preysings für die katholischen „Nichtarier“ als klug, rasch entschlossen und unerschrocken; der Bischof half, ohne darüber zu sprechen. Er gab Informationen über die Judenverfolgung, die ihm aus der Berliner Ministerialbürokratie zugespielt wurden, nach Rom weiter. Im Januar 1943 warf er in einem Brief an Pius XII. die Frage auf, ob der Hl. Stuhl nicht öffentlich für die verfolgten Juden eintreten könne. Der Papst verzichtete nach langem Ringen auf einen offenen Protest gegen den Mord an den Juden, um keine Racheaktionen zu provozieren, die das Los der Verfolgten noch verschlimmert hätten, und um laufende Hilfsaktionen im Untergrund nicht zu gefährden. In Berlin sah sich Preysing zu derselben Vorgehensweise gezwungen.

Als sehr schwierig erwies sich die Seelsorge für die zahlreichen Zwangs- und Fremdarbeiter auf Berliner Diözesangebiet. Sie unterlag zahlreichen Beschränkungen und war oft nur im Untergrund möglich. Zweimal empfing Preysing den französischen Untergrundpriester René Giraudet (†1945) zum Gespräch. Beide stimmten darin überein, dass die noch miteinander verfeindeten Völker nach dem Krieg eine ,bessere Welt in Nächstenliebe und Gerechtigkeit bauen müssten‘ (Knauft, Zwangsarbeiter 77). Nach Kriegsende dankten ehemalige niederländische Fremdarbeiter Preysing für den Mut, mit dem er „jederzeit unerschrocken und furchtlos allen ungerechten Forderungen des teuflischen Nazisystems und der Gestapo“ (Körner, in: F.A.Z., Nr. 188 v. 15.8.2000, 11) entgegengetreten sei. Er sei ihnen dadurch ein Vorbild gewesen. Der Bischof litt sehr unter dem Schicksal der verhafteten Priester. Zu seinen bittersten Erfahrungen im Dritten Reich gehörten seine Besuche in den Todeszellen der Priester Herbert Simoleit (†1944), P. Friedrich Lorenz OMI (†1944) und Alfons M. Wachsmann (†1944), die einer Verhaftungswelle im Raum Stettin zum Opfer gefallen waren.

Kontakte zum Widerstand gegen Hitler – Dem Widerstand gegen Hitler näherte sich Preysing so weit wie kein anderer deutscher Bischof (Vgl. Hürten, Katholiken 539). Er unterhielt Kontakte zum „Kreisauer Kreis“, der über die Zeit nach Hitler nachdachte. Den Initiator und führenden Kopf des Kreises, Helmuth James von Moltke (†1945), empfing er von September 1941 bis November 1943 regelmäßig zum Gespräch. Dabei ging es um den Wiederaufbau und die Neuordnung Deutschlands nach der beiden als sicher geltenden Niederlage, um das zukünftige Verhältnis von Kirche und Staat und um den Inhalt und die Sprache von Hirtenworten. Preysing wusste von der Existenz der Militäropposition gegen Hitler. Auf Bitten von Generaloberst Ludwig Beck (†1944) erklärte er sich bereit, nach einem möglichen Umsturz die Aufgabe eines päpstlichen Legaten in Berlin zu übernehmen, „sofern der Papst sie ihm anvertraute“ (Müller, Konsequenz 161). Wenige Wochen vor dem Attentat des 20. Juli 1944 suchte Claus Schenk von Stauffenberg (†1944) den Bischof auf. Auch wenn Stauffenberg ihm keinen Einblick in seine Pläne gab, „wurde doch über die Notwendigkeit eines Umsturzes gesprochen, wobei die Frage nach der Rechtfertigung eines Attentats wenigstens durchklang“. Nach dem Krieg schrieb Preysing an die Mutter Stauffenbergs, dass er ihrem Sohn „damals zwar den Segen der Kirche nicht habe erteilen können, ihm seinen eigenen priesterlichen Segen jedoch nicht vorenthalten habe“ (Kramarz 160). Nach dem Attentat rechnete Preysing täglich mit seiner Verhaftung. Der Besuch Stauffenbergs blieb den Nachforschungen des „Reichssicherheitshauptamtes“ nicht verborgen, doch blieb der Bischof bis zum Ende des Krieges unbehelligt. Die Bombenangriffe der Alliierten vernichteten auf Berliner Diözesangebiet die Aufbauarbeit vieler Jahre. In Berlin gingen die St.-Hedwigs-Kathedrale und das Bischöfliche Palais in Flammen auf. Der Bischof, der es ablehnte, Berlin zu verlassen, erlebte die Kapitulation Berlins vor der Roten Armee (2. Mai 1945) im Stadtteil Hermsdorf. „Das Ende mit Schrecken ist da, nur noch viel furchtbarer als man geahnt“ (Volk, Akten VI 621 Anm. 1), schrieb er wenige Wochen später an P. Robert Leiber SJ (†1967), den Privatsekretär des Papstes.

Bilanz des Kirchenkampfs – Bereits im Juni 1945 zog Preysing in einem Pastoralschreiben an den Klerus des Bistums Berlin eine erste Bilanz der zurückliegenden zwölf Jahre. Er sprach von einer „Kirchen- und Christenverfolgung“, in der viele Priester und Gläubige ihren Einsatz für „Gewissensfreiheit und Menschenrecht“ mit dem Verlust der Freiheit oder ihres Lebens bezahlt hätten. Als die „tiefste Wunde der vergangenen Zeit“ bezeichnete er die „Erschütterung, ja die Auflösung des Gedankens des Rechtes“. Hier sah der Bischof auch die Ursache für die Judenverfolgung. Er rief in Erinnerung, dass das grundlegende „Recht der Persönlichkeit“ weder durch eine Mehrheit noch durch das „Diktat eines Staates“ gegeben oder genommen werden könne. Er forderte, christliche Grundsätze im öffentlichen Leben wieder zur Geltung zu bringen, und riet, das Staatswesen zum Schutz vor den Fehlentwicklungen eines „uniformen … Zentralismus“ nach den „Gesetze[n] organischen Wachstums von unten nach oben“ aufzubauen. Kritisch stellte er fest, dass die „Unnatur“ des untergegangenen Systems, in dem Bürokratie und Polizei das Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen erdrückt hätten, „auch sehr vielen Katholiken nicht klar geworden“ sei (Adolph, Diktaturen 202-204).

Wiederaufbau des Bistums Berlin – Preysing gehörte zu den 32 Kardinälen, deren Ernennung Papst Pius XII. am 24. Dezember 1945 ankündigte und am 18. Februar 1945 in Rom vollzog. Der Papst würdigte Preysing als „unbeirrbaren Verteidiger christlicher Wahrheit in den Glaubenskämpfen der jüngsten Vergangenheit“ (Schwerdtfeger 172). Preysing selbst sah in seinem Kardinalat eine Auszeichnung für die Treue seiner Diözesanen, eine Absage des Papstes an die These von der deutschen Kollektivschuld und einen Ansporn beim Wiederaufbau des Bistums Berlin, dessen Überlebensfähigkeit er zunächst bezweifelt hatte. Das Kardinalat half Preysing, sich bei den alliierten Stadtkommandanten von Berlin leichter Gehör zu verschaffen. Eine Reise des Kardinals in die USA lenkte im Februar und März 1947 die Aufmerksamkeit der amerikanischen Öffentlichkeit auf das Nachkriegselend in Deutschland und die Bedrohung Westeuropas durch den Kommunismus. Im Ausland galt Preysing als führender Repräsentant der katholischen Kirche in Deutschland.

Der Wiederaufbau seines in weiten Teilen zerstörten und zudem politisch geteilten Bistums nahm die Kräfte Preysings ganz in Anspruch; der Bischof schonte sich nicht. Die Aufnahme zahlreicher Heimatvertriebener stellte eine zusätzliche pastorale und organisatorische Herausforderung dar. Auch in der „Sowjetischen Besatzungszone“ ging Preysing den Weg des konsequenten Widerspruchs gegen die Unterdrückung der Glaubens- und Gewissensfreiheit weiter. Im Mai 1949 protestierte er gegen die Weiterführung der Konzentrationslager durch die Sowjets und warf die Frage nach dem Schicksal der in den Lagern verschwundenen Jugendlichen auf. Weitreichende Folgen für die Kirche in der SBZ/DDR hatte der sog. „Preysing-Erlass“ vom 20. Dezember 1947, der dem Klerus einschärfte, dass „Erklärungen zu Zeitfragen“ ausschließlich dem Gesamtepiskopat bzw. dem jeweiligen Bischof für den Bereich seines Bistums vorbehalten waren. Der Erlass trug maßgeblich dazu bei, dass es der SED bis zuletzt nicht gelang, den Klerus im Bistum Berlin und den übrigen kirchlichen Jurisdiktionsbezirken der DDR politisch zu spalten.

Gesundheitliche Probleme überschatteten die letzten Lebensjahre Preysings, der nach einer Gehirnblutung im Oktober 1948 nur langsam genas. Der Kardinal erlag am 21. Dezember 1950 einem Herzleiden, das sich schon während des Krieges bemerkbar gemacht hatte. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde Preysing am 28. Dezember 1950 auf dem St.-Hedwigs-Friedhof in Berlin beigesetzt. Seit 1968 ruhen seine sterblichen Überreste in der Krypta der wieder aufgebauten St.-Hedwigs-Kathedrale.

Würdigung

Innerhalb des deutschen Episkopats gehörte Konrad von Preysing zu den hellsichtigsten und konsequentesten Gegnern des Nationalsozialismus. Nach 1945 trat er in gleicher Weise als Gegner des Kommunismus hervor. Sein Ansehen reichte weit über die Berliner Diözesangrenzen hinaus, worauf Bundespräsident Theodor Heuss (†1963) nach dem Tod des Kardinals in einem Schreiben an das Berliner Domkapitel hinwies: „Seine so oft bewiesene mannhafte und aufrechte Haltung gegenüber allen Versuchen, die Freiheit des Glaubens zu unterdrücken, sowie sein mutiges Eintreten für die Wahrung der Menschenwürde sind über die Grenzen konfessioneller Bindungen hinaus von allen Teilen des deutschen Volkes stets hoch geachtet und dankbar anerkannt worden“ (Petrusblatt 6, 1951, Nr. 1, 10).

Preysing bezog gegenüber dem nationalsozialistischen Staat früh Position. Die Eichstätter und Berliner Amtszeit des Bischofs müssen wegen der Konsequenz, mit der er in kirchenpolitischer und pastoraler Hinsicht an seiner Linie festhielt, als eine Einheit gelten. Preysing stellte in seiner Verkündigung die Gegensätzlichkeit von christlichem Glauben und nationalsozialistischer Ideologie in aller Schärfe heraus, rief unermüdlich zur Einheit von Episkopat, Klerus und Gläubigen auf und plädierte innerhalb der Fuldaer Bischofskonferenz für eine Kirchenpolitik, die sich über die Absichten der nationalsozialistischen Machthaber keine Illusionen machte und das Wagnis des offenen Wortes zumindest nicht a priori ausschloss.

Mit Henri de Lubac SJ (†1991), der nach dem Krieg das Gespräch mit ihm suchte, war sich Preysing darin einig, dass die Aufgabe des Priesters im totalitären Staat nicht in gewaltsamem Widerstand oder einem illusionären „Modus Vivendi“ bestand, sondern in einer „entschiedenen Résistance geistiger Art“ (Vorgrimler, in: Schultz, Tendenzen 419). Diesen der Wahrheit verpflichteten und im Glauben wurzelnden Widerstand hat Preysing unter schwierigsten Bedingungen geleistet, zunächst im Dritten Reich und später unter kommunistischer Herrschaft in der SBZ/DDR. Indem der Bischof schwieg, wo Beifall erwünscht war, und seine Stimme erhob, wo Schweigen Zustimmung bedeutet hätte, verweigerte er der staatlichen Macht, wo diese verlangte, was Gottes war. Preysing verteidigte die Freiheit der Kirche in der Gewissheit, mit dem Recht auf freie Religionsausübung auch das Recht des Einzelnen auf eine freie Gewissensentscheidung und damit zugleich die Freiheit aller zu verteidigen. In der Freiheit der Kirche sah er das „stärkste und letzte Bollwerk gegen eine Diktatur der Gewissen“ (Hirtenworte, 38).

Die karitativen Maßnahmen Preysings für die Verfolgten des Nationalsozialismus sind Zeugnisse christlicher Humanität in einer Zeit des Völkerhasses. Bei seinen Kontakten zum „Kreisauer Kreis“ und zur Militäropposition gegen Hitler ging der Bischof ein hohes persönliches Risiko ein. Seine kompromisslose Aufrichtigkeit und die Entschlossenheit seines Handelns machen Preysing zu einem glaubwürdigen Repräsentanten des „andern Deutschland“, dessen Existenz er auch in der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte nicht bezweifelte.

Historische Bedeutung erlangte Preysing als Bischof von Berlin, seine kurze Eichstätter Amtszeit war nur eine Etappe auf dem Weg dorthin. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Preysing der Stadt und dem Bistum Eichstätt zeitlebens eng verbunden blieb. Zu Recht erinnert ein Epitaph im Eichstätter Dom nicht nur an den Einsatz Preysings für die Freiheit der Kirche, sondern auch an die bleibende Zuneigung des Bischofs zu seinem ersten Bistum: „Invicta Constantia Iniquitate Temporum Libertati Ecclesiae Tuendae Se Dedicavit. Semper Corde Coniunctus Ecclesiae Eystettensi Quae Ei Precatur Lucem Aeternam. – Mit ungebrochener Ausdauer hat er sich in schlimmer Zeit hingegeben, die Freiheit der Kirche zu schützen. Immer war er im Herzen der Kirche von Eichstätt verbunden. Sie bittet für ihn um das ewige Licht.“

Stephan Adam

Bischof von Eichstätt
Zeittafel
Joseph Schröffer über Konrad von Preysing
Quellen und Literatur