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Dr. Dr. Johann Baptist Kurz

Priester – Wissenschaftler – Wirtschaftsmanager und Dichter, so lässt sich vielleicht in Kurzform das facettenreiche Leben und Wirken des späteren Stiftsdekans der „Alten Kapelle“ in Regensburg und Päpstlichen Hausprälaten zusammenfassen.

Johann Baptist Kurz erblickte am 18. Mai 1881 als Sohn des approbierten Baders Andreas Kurz und seiner Ehefrau Anna, geborene Hollweck, in der oberpfälzischen Stadt Neumarkt das Licht der Welt. Nach dem Besuch der Volksschule in Neumarkt wechselte er 1893 nach Eichstätt in das humanistische Gymnasium über, das er 1902 mit sehr gutem Erfolg abschloss. Bereits 1897 war Kurz in das Bischöfliche Knabenseminar eingetreten mit dem Ziel Priester zu werden. Ab 1902 studierte er am Bischöflichen Lyzeum in Eichstätt Philosophie und Theologie. Die Priesterweihe empfing er am 29. Juni 1907 im Dom zu Eichstätt durch Bischof Leo von Mergel. Seine erste Seelsorgestelle führte den jungen Kaplan nach Monheim und drei Jahre später nach Lauterhofen.

Die Versetzung im Oktober 1912 nach Obereschenbach, erst als Benefiziums-Provisor (ab 19.11.1912) und später als Benefiziat (ab 16.1.1913), sollte für den jungen Kaplan zu einem schicksalhaften Wendepunkt in seinem Leben werden. Durch den schlechten Gesundheitszustand von Stadtpfarrer Willibald Müller musste Kurz in den Jahren 1914/15 viele Aufgaben des Stadtpfarrers mit versehen, worin ihm großer Eifer attestiert wurde. Auch im kirchlichen Vereinsleben der Stadt war er sehr rege und engagiert und konnte ein gutes Vertrauensverhältnis zur Bevölkerung und vor allem zur Jugend aufbauen; was sich beispielsweise darin äußerte, dass die Männer und Burschen fast ausschließlich bei ihm zur Beichte gingen. Nach Aussagen des Stadtpfarrers „schätze und liebe ihn das Volk sehr“. In der überwiegenden Meinung seiner Vorgesetzten waren seine Qualifikationen vorzüglich und seine seelsorgerischen Tätigkeiten nahm er mit großem Eifer und Geschick war.

In Obereschenbach wurde schließlich, angeregt durch Stadtpfarrer Müller, der Grundstein seiner späteren wissenschaftlichen Karriere gelegt. Zu jener Zeit war der Streit um die Heimatfrage des Dichters Wolfram von Eschenbach (* vor 1200, † nach 1217) erneut heftig entbrannt und Obereschenbach als Heimat des Dichters vehement in Zweifel gezogen worden. Stadtpfarrer Müller, selbst ein großer Verehrer Wolframs, ersuchte nun seinen Kaplan „gründlich in allen Archiven zu recherchieren“, um die Heimatfrage des Dichters Wolfram von Eschenbach und seine Beziehungen zu Obereschenbach zu klären. Regierungspräsident Julius von Blaul, der zugleich 1. Vorsitzender des Historischen Vereins für Mittelfranken war, regte darüber hinaus an, die Forschungsergebnisse von Kurz beim Historischen Verein zu publizieren. Nach mehrjähriger intensiver Quellenforschung konnte er mit seiner Arbeit: „Heimat und Geschlecht Wolframs von Eschenbach“, die als Beilage zum 61. Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken 1916 erschien, schlüssig nachweisen, dass die Stadt Obereschenbach die Heimat des Dichters Wolfram von Eschenbach war. Aufgrund dieser Arbeit, die von der Universität Erlangen als Dissertation angenommen wurde, promovierte Kurz am 19.2.1917 mit dem Prädikat „magna cum laude“ zum Doktor der Philosophie (Dr.phil.). Diese fundierte Forschungsarbeit, die auch großes Interesse und Aufsehen in der Fachwelt erregte, führte auf Anregung von Dr. Kurz am 19. Mai 1917 zur Umbenennung der Stadt Obereschenbach in Wolframs-Eschenbach.

Am 27. Oktober 1917 musste Dr. Kurz sein geliebtes Wolframs-Eschenbach, das ihm fortan als zweite Heimat galt und dem er bis zu seinem Tode aufs engste verbunden blieb, verlassen, da ihm vom Bischof von Eichstätt die Pfarrei Altdorf im Anlautertal, heute Ortsteil des Marktes Titting im Landkreis Eichstätt, übertragen worden war. In der Ferne setzte er seine Forschungen zu Wolfram und Wolframs-Eschenbach fort und veröffentlichte 1919 das Bändchen „Wolframs-Eschenbach, Kulturbilder einer deutschen Kleinstadt“. 

Auf dem kargen Jura in Altdorf wurde er mit den dortigen Sozialverhältnissen, der Armut, der Arbeitslosigkeit, die sich durch die Kriegsheimkehrer 1918 noch zusätzlich verschärfte, der fehlenden Infrastruktur und der daraus resultierenden Hoffnungslosigkeit der Bevölkerung, konfrontiert. Damit begann ein neues Kapitel seines Lebens, das des sozial geprägten Wirtschaftsmanagers. 1919 wurde zur Linderung der Arbeitslosigkeit und der fehlenden Infrastruktur durch seine Initiative der „Zweckverband für Juraerschließungsstraßen“ gegründet, ein mit staatlichen Mitteln gefördertes Notstandsprogramm, dessen Vorsitzender er wurde. Durch diese Maßnahme konnten  u.a. ca. 360 km Straßen im Jura gebaut und ca. 40.000 Erwerbslose über mehrere Jahre in Arbeit und Brot gebracht werden. Hier erwarb sich Dr. Kurz für die Region und die dort lebenden Menschen große Verdienste.

Wegen seiner wirtschaftlichen Erfahrungen wurde man auf den „Straßenpfarrer“ aufmerksam und holte ihn ab 4. Juni 1921 zum Wirtschaftsverband der katholischen Geistlichen Bayerns nach Regensburg. Daraus ist später die Liga-Bank hergegangen, deren erster hauptamtlicher Generaldirektor er wurde. Von der Pfarrei Altdorf war er kurz vorher entbunden worden. Daneben sollte er auf Wunsch der Regierung der Oberpfalz das auf den Regierungsbezirk Oberpfalz ausgedehnte Projekt der Juraerschließungsstraßen mit begleiten. Trotz seiner umfangreichen wirtschaftlichen Tätigkeit fand Dr. Kurz noch die Zeit, mit einer zweiten Dissertation „Das Eigenklosterwesen in der Diözese Eichstätt“ am 17.5.1922 zum Doktor der Rechtswissenschaften (Dr. jur. utr.) an der Universität Erlangen zu promovieren. Ab 1923 leitete er auch die „Domus AG“, eine Zweigfirma der Liga, als Direktor. Im gleichen Jahr wählte das Kapitel des Kollegiatstiftes „Unserer Lieben Frau zur Alten Kapelle“ Dr. Kurz zum Stiftskanonikus. Auch in dieser Position kamen ihm seine wirtschaftlichen Erfahrungen zu Gute; so konnte er die schwierigen finanziellen Probleme des Stiftes in jener Zeit lösen. 1927 wurde Dr. Kurz als Generaldirektor der Liga, des früheren Wirtschaftsverbandes der katholischen Geistlichen, entlassen, nachdem es zu erheblichen wirtschaftlichen Problemen innerhalb der Liga gekommen war. Seine Rehabilitierung konnte er, trotz größter Anstrengungen, nicht vollständig erreichen.

Ihm verblieb wieder mehr Zeit für seine wissenschaftlichen Forschungen. 1930 legte er seine ergänzte und erweiterte Dissertation von 1916 unter dem Titel „Wolfram von Eschenbach, der größte Dichter des Mittelalters“ neu auf. Seine Forschungen dehnte er auch auf seine oberpfälzische Heimat und seine Geburtsstadt Neumarkt aus, die 1930 in dem „Oberpfälzischen Heimat- und Bauernbuch“ ihren Niederschlag fanden. Auch auf dem Gebiet der Wirtschaft wurde er wieder aktiv. So  übertrug man ihm 1930 den Vorsitz des Landesverbandes „Bayerische Siedlung“. 1946 gründete Dr. Kurz in Anbetracht der schwierigen wirtschaftlichen Lage die „Versuchsstelle zur Beschaffung von Bau- und Werkstoffen“ in Regensburg, die sich erfolgreich mit der Beschaffung von Bau- und Brennmaterial und der Gewinnung und Erschließung von Rohstoffen aller Art beschäftigte.

Auf Wunsch der Stadt Wolframs-Eschenbach schrieb der „Priesterdichter“ 1950 ein Heimatfestspiel „Und ich selbst bin Parzival“, welches von seinem Freund Stiftsdekan Joseph Poll vertont und mit großem Erfolg in den Jahren 1952 und 1953 in Wolframs-Eschenbach aufgeführt wurde. Auch für Mallersdorf schrieb er 1955 ein Festspiel „Die Entstehung des Klosters Mallersdorf“.  

Mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde durch die Stadt Wolframs-Eschenbach am 19.6.1932 begannen die vielfältigen Ehrungen, die ihm zu Teil wurden. Auch in seiner Geburtsstadt Neumarkt erhielt er die Ehrenbürgerwürde. Erzbischof Michael Buchberger ernannte ihn am 26.3.1955 zum Dekan des Kollegiatsstiftes „Unserer Lieben Frau zur Alten Kapelle“ in Regensburg, welches er nicht nur durch die schwierigen 20er Jahre, sondern auch wirtschaftlich gut durch die Kriegs- und Nachkriegsjahre gebracht hatte. Die Stadt Regensburg ehrte ihn am 18.Mai 1956 mit der Albertus Magnus Medaille. Im Juni 1957 folgte die „Wolfram-von-Eschenbach-Medaille“ in Gold durch die Stadt Wolframs-Eschenbach und im gleichen Jahr verlieh ihm der Bundespräsident das Bundesverdienstkreuz I. Klasse. Als Höhepunkt seiner kirchlichen Karriere wurde er im Juli 1960 zum Päpstlichen Hausprälaten ernannt.

Seine letzten geplanten Publikationen: „Der Gönner und Freundeskreis Wolframs von Eschenbach“ und „Hat Wolfram von Eschenbach an einem Kreuzzug teilgenommen?“ sowie die Erforschung der Marienverehrung im Bistum Regensburg konnte er nicht mehr vollenden; der Tod nahm ihm am 17. Februar 1968 in Regensburg die Feder aus der Hand. Auf seinen Wunsch hin wurde er, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung, des Klerus und vieler Wegbegleiter, am 21. Februar 1968 auf dem Friedhof seiner geliebten Wolframs-Stadt, seiner zweiten Heimat, die ihm bis heute großen Dank schuldet, zur letzten Ruhe gebettet.

Oskar Geidner

Verzeichnis der Werke